Textversion der Chronik

Gründung in der Wilhelminischen Zeit

Der Verein für Heimatpflege Land Dinslaken e.V. wurde 1911 von Bürgern unter dem Namen „Verkehrs- und Verschönerungsverein“ gegründet, die sich der Stadt und dem Kreis Dinslaken besonders verbunden fühlten. Der Verein wollte eine Plattform sein, von der Initiativen entwickelt werden konnten, um den Behörden Anregungen zu geben und deren Arbeit zu ergänzen. Die Wurzeln des Vereins liegen also in der “guten alten” Kaiserzeit. Er hat seitdem zwei Kriege durchgestanden. Die politischen Systeme wechselten mehrfach. Seinen Namen hat der Verein zweimal verändert. Die Zielsetzung aber ist bis zur heutigen Zeit unverändert geblieben, wenn auch die Schwerpunkte den aktuellen Ansprüchen angepasst wurden.

Am 18. Januar 1911 trafen sich im Lokal “Dinslakener Hof” in Dinslaken, Duisburger Straße 40 (später Gaststätte Lettgen, heute Restaurant Zorbas) 19 engagierte Bürger der Stadt Dinslaken, um einen Verein zu gründen, der sich in besonderem Maße um die Verschönerung der Stadt und die Verbesserung der Verkehrsanbindung kümmern sollte. Gerade zu diesem Zeitpunkt war eine solche Gründung besonders wichtig. Die erste Welle der Industrialisierung strebte ihrem Höhepunkt zu. Das große Walzwerk lief auf Hochtouren. Die Zeche Lohberg begann mit der Förderung. Die Einwohnerzahlen stiegen sprunghaft. Neue Siedlungen mussten gebaut werden. Den Vorsitz im Vorstand übernahm Baurat Heinrich Nottebaum (1873 bis 1954).

Zunächst waren die Aktiven darauf bedacht, der Kreisstadt ein gutes Aussehen zu geben und vor allem die Grünanlagen weiter auszubauen. Der Verein prägte für Dinslaken die Formel von der “Stadt im Grünen”. Dieser Slogan ging in alle zukünftigen Prospekte ein. Der Verein kümmerte sich um bessere Eisenbahnfahrpläne und neue Autobuslinien. Auch beim Neubau des Bahnhofs während des I. Weltkrieges redete er mit. Der Bahnhof wurde ein Schmuckstück für Dinslaken.

Nach dem ersten Weltkrieg wurde die Hiesfelder Badeanstalt auf Anregung des Vereins gebaut. Damals, im Jahr 1923, schlugen die Vereinsvertreter auch vor, außer den Schwimmbecken noch einen ein Hektar großen Stausee oberhalb der Badeanstalt anzulegen. Erst ein halbes Jahrhundert später wurde dieser Vorschlag realisiert.

Das Jahr 1934 war für den Verein von besonderer Bedeutung. In der Generalversammlung am 16. Juli 1934 wurde das Betätigungsfeld, das sich bis dahin nur auf die Stadt Dinslaken erstreckte, auf den Kreis Dinslaken erweitert. In dem Zusammenhang erfolgte eine Namensänderung in “Verein für Heimatkunde und Verkehr, Kreis Dinslaken”.

Das Burgtheater: Ein großer Erfolg

Ein besonderer Wurf gelang dem Verein und vor allem seinem Vorsitzenden Nottebaum ebenfalls im Jahr 1934. Pläne und Vorschläge, eine Freilichtbühne zu bauen, konnten gegen alle Einwände und Bedenken durchgesetzt werden. Noch im gleichen Jahr, am 18. August war Premiere mit der Oper “Preciosa” von C. M. von Weber. Das Burgtheater wurde eine großartige Einrichtung, die jährlich Zehntausende von nah und fern nach Dinslaken lockte. Jede Veranstaltung war ein buntes Volksfest und beste Werbung für Dinslaken.

Die Organisation des Spielbetriebs der Freilichtbühne war auch in den Folgejahren eine große und wichtige Aufgabe des Vereins. Als Folge des Krieges kamen aber diese und fast alle anderen Vereinsaktivitäten ab 1939 zunehmend zum Erliegen.

Einen für die positive Stadtentwicklung wichtigen Erfolg konnten die Vereinsverantwortlichen dennoch verzeichnen: Als die Verlegung der Emscher nach Norden um 1940 begann, erreichten sie durch verschiedene Eingaben, dass das Gelände am Bärenkamp nicht durchschnitten und der Kanal weiter südlich projektiert wurde.

Ab 1945: Der Neubeginn nach dem II. Weltkrieg

Als der II. Weltkrieg über die Stadt hinweggefegt war und die “Stadt im Grünen” in Trümmern lag, lud der alte, aber unverwüstliche Nottebaum für den 19. Mai 1946 zu einer Mitgliederversammlung “anlässlich des 35- jährigen Bestehens unseres Vereins” ein. Dann überließ er den Vorsitz dem Oberstudiendirektor des Dinslakener Gymnasiums, Dr. Josef Zorn (1885 bis 1954). Die Themen der Tagessordnung waren dennoch kaum auf das Jubiläum abgestellt. Man diskutierte stattdessen vor allem über schnelle Trümmerbeseitigung und rasche Aufbaumöglichkeiten.

Ein Lichtblick war auch 1946 wieder das Burgtheater. Erneut nahm sich der Verein der Freilichtbühne an. Schon im Sommer 1946 mobilisierte Dr. Zorn Schüler des Gymnasiums. Hinzu kamen freiwillige Helfer, um das Theater nach vielen Kriegsschäden wieder bespielbar zu machen. Im Juli 1946 erlebten 12.000 Kinder und Erwachsene in 5 Aufführungen das Märchenspiel “Der Froschkönig”.

Das Jahr 1948 stand im Zeichen der Währungsreform. Wenngleich der Verein praktisch mittellos war, brachte er Schillers “Wilhelm Tell” in einer groß angelegten Inszenierung von Raymund Kaiser heraus. Neben Berufsschauspielern wirkten fast 200 Dinslakener und eine Abteilung des Reitervereins mit. Auf die Dauer ließen sich solche Veranstaltungen nicht mehr vom Verein organisieren und finanzieren. Darum nahm 1950 die Stadt das Burgtheater in ihre Regie.

Von entscheidender Bedeutung für die Weiterentwicklung des Vereins war die Vorstandssitzung vom 15. Februar 1949. Hier wurde die Empfehlung beschlossen, in den Gemeinden des Kreises Dinslaken örtliche Heimatvereine zu bilden und den Verein für Heimatkunde und Verkehr zur Dachorganisation für diese Vereine auf Kreisebene zu machen. Nur so sei es möglich, so wurde damals betont, den verschieden gelagerten Interessen und Bedürfnissen der Gemeinden gerecht zu werden. In diesem Zusammenhang wurden in Dinslaken, Voerde, Hünxe, Eppinghoven und Walsum Heimatvereine gegründet. Später kommen als Vereine mit ähnlicher Zielsetzung noch der Sauerländische Gebirgsverein e.V., der Mühlenverein Hiesfeld e.V., die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald e.V. (SDW), der Förderverein Museum Voswinckelshof e.V. die Lydia und Heinz Rühl Stiftung sowie der Heimatverein Oberlohberg e.V. als Mitglieder hinzu. Der SDW-Ortsverband Dinslaken ist nach Fusion mit dem Ortsverband Wesel Ende 2016 wieder ausgeschieden.

Im September 1950 wurde der Stahlindustrielle Fritz Meyer (1906 bis 1972) zum neuen Vorsitzenden gewählt. Die erste Großveranstaltung des Vereins nach seiner Neustrukturierung war die Heimatwoche des Kreises Dinslaken, die in Verbindung mit der Kreis Dinslakener Wirtschafts-Ausstellung 1951 stattfand. Die Ausstellung, kurz “Kadiwa” genannt, war eine überaus eindrucksvolle Leistungsschau der heimischen Wirtschaft, nur 6 Jahre nach Kriegsende. Die zweite große Leistung des Vereins jener Zeit war der Aufbau des weitgehend kriegszerstörten Voswinckelshof in Verbindung mit dem DRK und der örtlichen Industrie. Im größeren Teil des Gebäudes wurde als “Haus der Heimat” das Heimatmuseum eingerichtet und im Juni 1955 eröffnet.

Schließlich begann der Verein 1956 unter dem Namen “Beiträge zur Geschichte und Volkskunde des Kreises Dinslaken am Niederrhein” eine heimatkundliche Schriftenreihe herauszugeben. Sie wurde zunächst von Prof. Dr. Rudolf Stampfuß, später von Willi Dittgen verantwortlich betreut. Heute übernimmt diese Aufgabe der Vorstand des Vereins. Die Zahl der Veröffentlichung wächst kontinuierlich.

Mit gleicher Intensität kümmerte sich der Verein in dieser Zeit um Wanderwege und Naturschutzgebiete, um Werbeschriften und Prospekte, um Mitarbeiter für den Heimatkalender, um die Sammlung heimatlichen Schrifttums und die Sicherstellung der Bodenaltertümer.

Der Verein nach Auflösung des Kreises Dinslaken

Im September 1972 starb Fritz Meyer, der mehr als zwei Jahrzehnte den Verein erfolgreich geführt hatte. Sein Nachfolger wurde Sparkassendirektor Artur Benninghoff.

Eine neue Phase für den Verein setzte ein mit der Auflösung des Kreises Dinslaken zum 1. Januar 1975. Im Einvernehmen mit den Mitgliedsvereinen wurde beschlossen, mit neuer Satzung und neuem Namen im alten Einzugsgebiet, nämlich dem früheren Kreis Dinslaken, tätig zu bleiben. Seit dem 18. Mai 1976 setzten die Verantwortlichen unter dem Namen “Verein für Heimatpflege Land Dinslaken e.V.” die 1911 begonnene Arbeit fort.

Es folgten viele ideenreiche Aktivitäten, die stets unter maßgeblicher Mitwirkung des damaligen Geschäftsführers des Vereins, Willi Dittgen (1912 bis 1997), realisiert wurden. Er war fast 50 Jahre lang ein ganz entscheidender Motor des Vereins. Willi Dittgen, der für seine heimatkundlichen Verdienste mehrfach von verschiedener Seite hoch geehrt wurde, erforschte und beschrieb wie kein anderer die Geschichte unserer Region. Die Liste seiner heimatkundlichen Veröffentlichung ist lang, Einzelheiten finden sich unter dem Menüpunkt „Literatur Willi Dittgen“.

Von den 1900er-Jahren zur Jahrtausendwende

Im Jahr 1990 stiftete der Verein als Auszeichnung für hervorragende heimatkundliche Verdienste den „Dinslakener Pfennig”. Es handelt sich um eine Nachprägung in Silber der einzigen jemals in Dinslaken original geschlagenen und im 14. Jahrhundert im Umlauf gewesenen Münze. Der Dinslakener Pfennig wird nicht in festen zeitlichen Intervallen verliehen, sondern nur dann, wenn Persönlichkeiten mit ihrem Wirken im Sinne der Verleihungskriterien nachhaltig auf sich aufmerksam gemacht haben.

Ein Höhepunkt und langjähriger Schwerpunkt der Vereinsarbeit war in den Jahren ab 1995 die Konzipierung und Verwirklichung der Rotbach-Route als touristische Achse insbesondere für Radfahrer entlang des Rotbachs von der Quelle in Grafenmühle (Bottrop) bis zur Mündung in den Rhein bei Möllen (Voerde). Zwischenzeitlich ist die Rotbach-Route einschließlich der Verbindungsstrecken auf rund 130 km Gesamtlänge ergänzt und erschließt nun auch den westlichen Teil der Landschaft zwischen Lippe, Emscher und Rhein mit dem Rotbach als Mittelachse. Hierzu gehörte auch in Zusammenarbeit mit dem Regionalverband Ruhr die Erstellung eines Karten-Sets.

Ein wichtiges Anliegen des Vereins war 1996 die Schaffung einer Erinnerungsstätte im Dinslakener Rathaus für Friedrich Althoff (1839 bis 1908), einer der bedeutendsten Söhne der Stadt Dinslaken. Sein Wirken im preußischen Kultusministerium als Reformator von Wissenschaft und Bildung um 1900 hatte nachhaltige nationale und internationale Ausstrahlung.

Ein besonders großes Echo in der Öffentlichkeit erzielte das im Jahr 2001 auf dem Rotbach ausgetragene Entenrennen, das der Verein mit beträchtlichem Aufwand organisierte. Auch die Eröffnung der Wasserspiele in der Duisburger Straße in Dinslaken im Jahr 2006 war eine erfolgreiche Maßnahme, die bei den Bürgerinnen und Bürgern starke Beachtung fand.

Abschluss der Ära Artur Benninghoff - neue Besetzung des Vorstands

In der Mitgliederversammlung am 14.11.2007 stellte nach fast 35 Jahren engagierter und erfolgreicher Arbeit Artur Benninghoff sein Amt als 1. Vorsitzender zur Verfügung. Als Nachfolger wird sein langjähriger Stellvertreter Dr. Thomas Becker gewählt.

Im Oktober 2022 stellte Dr. Thomas Becker nach 15 Jahren erfolgreicher Tätigkeit als 1. Vorsitzender sein Amt zur Verfügung. Neuer 1. Vorsitzender wird Werner Schenzer.

Weiterhin auf vielen heimatkundlichen Gebieten erfolgreich aktiv

Der Verein arbeitet in der Folgezeit mit veränderter Vorstandsmannschaft an den verschiedensten heimatbezogenen Themen und schließt sie erfolgreich ab. Mehr Einzelheiten dazu finden sich in der tabellarischen Chronik.

Unter anderem wurde der Internetauftritt des Vereins im Jahr 2008 völlig neugestaltet, stark erweitert und in der Folgezeit laufend mit interessanten heimatgeschichtlichen Inhalten ergänzt. Nicht zuletzt führen diese Internetveröffentlichungen bei uns zu einer deutlich gestiegenen Zahl von Anfragen zu den verschiedensten heimatgeschichtlichen Themen, die u.a. in wissenschaftlichen Arbeiten behandelt werden. 2014 wird unsere Webseite mit einem Shop ergänzt.

Auch die Veröffentlichungen im Rahmen der Vereinsbuchreihe werden erfolgreich fortgesetzt. Inzwischen sind nahezu 40 Bände erschienen. Die -soweit noch lieferbar- in unserem Shop online gekauft werden können. Nicht mehr lieferbare Bücher, für die noch Nachfrage besteht, werden im Shop zum Download im PDF-Dateiformat angeboten.

Ab 1955 war unserer Verein Mitherausgeber des Kreisheimatkalenders, der später in Jahrbuch des Kreises Dinslaken umbenannt wurde. Die redaktionelle Betreuung hatte seit 1949 bis zur Beendigung der jährlichen Veröffentlichungen im Jahr 1975 der Geschäftsführer unseres Vereins, Willi Dittgen. Auf unserer Webseite können alle Beiträge der Heimatkalender der Jahre 1939 bis 1975 eingesehen und ausgedruckt werden.

100 Jahre Vereinsarbeit sind Geschichte - Start ins nächste Jahrhundert

Im Jahr 2011 feiert unser Verein sein 100-jähriges Gründungsjubiläum.

Zum Auftakt des Jubiläumsjahres traf sich der amtierende Vorstand auf den Tag genau 100 Jahre nach der ersten Versammlung der 19 Gründungsinitiatoren am 18. Januar zu einer Vorstandssitzung im Gründungslokal „Dinslakener Hof“ in Dinslaken in der Duisburger Straße 40 (seit 1921 bis 1979 Gaststätte Lettgen, heute Restaurant Zorbas). In dieser Zusammenkunft wurden Vertretern der örtlichen Presse die Meilensteine der 100-jährigen Vereinsarbeit vorgestellt.

Am 14. Juli 2011 fand im Rathaus Dinslaken ein offizieller Festakt statt, bei dem Dr. Veit Veltzke, Direktor des Preußenmuseums Wesel, den Festvortrag hält. Der anschließend vorgesehene Empfang im Burginnenhof musste wegen einer Sturmwarnung kurzfristig abgesagt werden. Am 08.09.2011 fand als Ersatz eine gesellschaftliche Veranstaltung in Walsum statt.

Dank für Unterstützung unserer Vereinsarbeit

Seit nun über ein Jahrhundert ist der Verein für Heimatpflege Land Dinslaken e.V. aktiv, um das Heimatbewusstsein, das historisch Gewachsene und Beständige sowie das heimatkundliche Wissen zu pflegen und zu erhalten. Seine Akteure waren und sind der heimatbezogenen Geschichte verbunden, aber in gleichem Maße auch der Zukunft mit ihren vielfältigen neuen Aufgaben zugewandt.

Alle zurückliegenden Aktivitäten konnten die Verantwortlichen nur in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsvereinen sowie mit Hilfe einer Vielzahl von Gönnern und Förderern realisieren. Auch bei der Verwirklichung zukünftiger Ideen ist der Verein entscheidend auf das persönliche und finanzielle Engagement Dritter angewiesen. Deshalb darf auch an dieser Stelle ein herzlicher Dank an alle, die die Vereinsarbeit unterstützen, nicht fehlen.

Ursprungsfassung: Willi Dittgen (überarbeitet und ergänzt im Jahr 2007 durch Hans-Hermann Bison und Joachim Lattasch)

Weiterführung ab 2007: Joachim Lattasch

Stand: 1.02.2023