Anlass:
Ausstellungseröffnung „Moneta Dinslacensis“ und Buchvorstellung „Die mittelalterlichen Münzen der Herrschaft Dinslaken“
Datum:
25.11.1996
Ort:
Sparkasse Dinslaken
Autor:
Ralf Althoff
Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren,
auch ich möchte mich den Begrüßungen anschließen und Sie herzlich willkommen heißen.
Es ist für mich eine große Ehre, Ihnen hier heute Abend mein Buch über die mittelalterliche Herrschaft Dinslaken und spezieller über die mittel-alterlichen Münzen aus dieser Herrschaft vorstellen zu dürfen. Ich freue mich, dass der Einladung der Sparkasse so viele Interessierte gefolgt sind, denn es macht immer mehr Spaß, vor einer großen Versammlung zu sprechen. Für dieses Interesse möchte ich mich schon vorab herzlich bedanken.
Gestatten Sie mir bitte vorab noch einige Dankesworte. An erster Stelle möchte ich mich bei meinen beiden Professoren, Herrn Professor Dr. Johanek und Herrn Professor Dr. Berghaus von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster bedanken und bei Herrn Dr. Ilisch vom Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte in Münster sowie bei Herrn Dr. Pohl vom Kreisarchiv in Wesel. Sie alle haben meine Magister-arbeit fachlich betreut. Darüber hinaus gilt mein besonderer Dank meinen Eltern und meiner Lebensgefährtin, die mit langer finanzieller und persönlicher Unterstützung diese Arbeit erst ermöglicht haben.
Vielfach habe ich aber auch von hier ungenannten Münzhändlern und Sammlern Hinweise, Unterstützung und Informationen erhalten, ihnen allen sei hiermit auch ein herzlicher Dank ausgesprochen.
Die nun vorliegende Veröffentlichung, die eine modifizierte Variante meiner Magisterarbeit ist, war nur durch die Initiative des Vereins für Heimatpflege "Land Dinslaken" mit seinem Vorsitzendem, Herrn Sparkassendirektor Artur Benninghoff, und dem Initiator der Buchreihe "Dinslakener Beiträge", Herrn Willi Dittgen, möglich. Wesentlichen Anteil an der Verwirklichung dieses Geschichtsbuches hat die Sparkassenstiftung zur Förderung des rheinischen Kulturgutes, die das Projekt finanziell maßgeblich unterstützte.
Neben vielen hier ungenannten Helfern möchte ich zuletzt aber noch die sehr gute Zusammenarbeit mit Herrn Koopmann, dem Leiter des Mercatorverlages in Duisburg, lobend erwähnen.
Nach dieser langen Vorrede, die ich aber gerne hier vorgetragen habe, möchte ich Ihnen, liebe Zuhörer, nun einige Einblicke in das Leben Dietrichs von der Mark und seinen Münzen der Herrschaft Dinslaken geben. Das Buch enthält, anders als der Titel es vermuten lässt, einen etwa die Hälfte des Umfanges ausmachenden landesgeschichtlichen Teil, der unter anderem eine aus vielen hundert Einzelinformationen zu-sammengetragene Biographie des Dietrich von der Mark, von den Kindheitstagen bis zum Tode enthält.
Wie gelangte nun die kleine Herrschaft Dinslaken in den Besitz des Dietrich von der Mark, der als jüngster Bruder des mächtigen Grafen Engelbert III. von der Mark, schon seit früher Kindheit eine geistliche Karriere begonnen hatte? Hier muss man nun erst einmal in die Zeit vor seiner Herrschafts-übernahme in Dinslaken in die Landesgeschichte blicken.
Schon im 12. Jahrhundert hatten sich die Klever Grafen im Zuge ihrer Expansionsbestrebungen für die rechtsrheinische Herrschaft Dinslaken interessiert, doch sollte es noch bis weit in das 13. Jahrhundert hinein dauern, bis sie diese Herrschaft im Zuge einer geschickten Heiratspolitik vereinnahmen konnten. Seit dieser Zeit wurde die Herrschaft Dinslaken von den Klever Grafen immer wieder als Morgengabe oder Erbabfindung auf Zeit für Familienmitglieder genutzt.
Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts lassen sich dann zwischen den Klever und den märkischen Grafen Bestrebungen für eine familiäre Bindung beider Geschlechter nachweisen, die jedoch erst durch die Heirat Adolfs II. von der Mark mit Margarethe von Kleve 1332 dauerhaft besiegelt werden konnte. Schon 1347 starb Dietrich VIII. von Kleve, ohne Erben zu hinterlassen, so dass die märkischen Brüder Engelbert, Adolf und Dietrich, die aus der Ehe Adolfs II. und Margarethe hervorgegangen waren und seitens ihrer Mutter Erbansprüche auf die Grafschaft Kleve hatten, diese geltend machen wollten. Doch konnten sie sich noch nicht gegen Johann von Kleve, einen Bruder Dietrichs VIII., durchsetzen.
So mussten sie noch einige Jahre warten, bis dieser 1368 ebenfalls erben-los starb. In diesem Jahr konnten die märkischen Brüder endlich die Klever Grafschaft in Besitz nehmen. Doch schon viele Jahre vorher hatten sie sich über die Teilung aller familiär ererbten Güter schriftlich geeinigt. Engelbert III. behielt die Grafschaft Mark und erhielt zusätzlich alle rechts-rheinischen Besitzungen der Klever Grafschaft, während sein Bruder Adolf III. die linksrheinische Grafschaft Kleve erhielt. Dabei hatte aber Engelbert III. den jüngeren Bruder Dietrich abzufinden. Diese Abfindung bestand schließlich aus der Herrschaft Dinslaken, die später noch um einige Weseler Besitzungen erweitert wurde.
Dietrich, der inzwischen Dompropst in Köln und Xanten war und mehrmals die Verweserschaft des Stiftes Osnabrück übernommen hatte, legte offen-sichtlich seine geistlichen Ämter nieder und trat 1372 als Landesherr von Dinslaken seine Herrschaft an, wobei aber während der gesamten Herrschaftszeit von 1372-1404 eine gewisse Abhängigkeit von Engelbert III. von der Mark bestehen blieb.
Er schaltete und waltete in seiner Herrschaft äußerst aktiv, so dass sein Name Eingang in erstaunlich viele Urkunden gefunden hat. Auf jeden Fall kommt ihm ein erheblich größerer Stellenwert in der mittelalterlichen Landesgeschichte zu, als gemeinhin bisher angenommen worden ist.
Aus dem umfangreichen Quellenmaterial, das ich ausgewertet habe, ist besonders die Weseler Stadtrechnung hervorzuheben, aus der sehr viele Informationen gewonnen werden konnten. Aus den vielen Daten und Fakten der zur Verfügung stehenden Quellen konnte ich eine Biographie erstellen, die Ausdehnung der Herrschaft über die Lehnsvergabe und Gerichtsorte ermitteln sowie landes-geschichtlich-familiäre Verbindungen erörtern. Dieser ausführliche landesgeschichtliche Teil der Arbeit soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Kern dieser Forschungs-arbeit von den Untersuchungen zur Münzprägung in Dinslaken gebildet wird.
Diese Auswertungen zur Münzprägung füllen etwa die zweite Hälfte des Buches und bestehen aus Quellen- und Literaturauswertungen, Stempel-, Metall- und Gewichtsanalysen, einem Siegelbild - Münzbildvergleich und einer Aufnahme und Auswertung aller Münzfunde, die Dinslakener Geld enthielten.
Diese Untersuchungen haben im Ergebnis zu einer relativen Chronologie, zu einer Fundverbreitungskarte sowie einem umfangreichen Katalogteil geführt. Besonders der Katalogteil mit den Abbildungstafeln ist für die Sammler als Nachschlagewerk von großer Bedeutung.
Ich möchte Sie nun nicht mit Ausführungen über viele Details stundenlang quälen, sondern Ihnen jetzt die Grundtypen der Prägungen, die während der Herrschaft des Dietrich von der Mark (1372 - 1404) sowohl in Dinslaken als auch in der zweiten Prägestätte Wesel entstanden sind, im Bild vorstellen. Dabei möchte ich darauf hinweisen, dass wir Numismatiker in den Münzen "in Metall geschlagene Urkunden in Wort und Bild" sehen, die auch tatsächlich in Wort und Bild * gelesen werden können.
=> Dia 1: Pfennig, Münzstätte Dinslaken, Dynastentyp mit Schwert, Zweig und Röschen. Besonderer Hinweis auf den kleinen Stern im Schach! => Zeichen seiner jüngeren Abkunft.
=> Dia 2: Pfennig, Münzstätte Wesel, Dynastentyp wie vor
=> Dia 3: Pfennig Adolfs II. von der Mark aus der Münzstätte Iserlohn, ein Vorbildpfennig für die Dinslakener Stücke
Der Dynastentyp ist in Dinslaken und Wesel mindestens von 1372 bis 1375 geprägt worden, möglicherweise auch noch einige Jahre länger!
=> Dia 4: Groschen auf-Klever Schlag, Münzstätte Dinslaken, hier das Stück aus Berlin.
(Auf die Seltenheit. der Groschenwerte hinweisen, nur in Berlin und St. Petersburg vorhanden! Die Groschenwerte waren speziell für den linksrheinischen Geldumlauf gedacht.)
=> Dia 5: Achtelgroschen auf Klever Schlag, Münzstätte Dinslaken, ein Unikum aus den Domgrabungen in Xanten.
=> Dia 6: Pfennig, Münzstätte Dinslaken, mit fünfstrahligem Stern.
Der Stern-Typ hat den Dynastentyp abgelöst und ist ca. zwischen 1380 und 1390 ausgeprägt worden. Die in der Legende enthaltene Be-zeichnung "OPPIDI DINSLAK" deutet auf eine städtische Prägung in Dinslaken hin, darüber jedoch gleich noch etwas mehr.
=> Dia 7: Pfennig, Münzstätte Dinslaken, mit dem Bild einer dreitürmigen Torburg.
=> Dia 8: Pfennig, Münzstätte Wesel, wie vor.
Der Prägebeginn der Torburgpfennige lässt sich anhand der Fund-auswertung und einer besonderen Textstelle in der Weseler Stadt-rechnung recht genau mit 1393 angeben, denn dort steht unter den Ausgaben: "gedaen den wardeynen 28 Markessehen 3 ß ende 4 d aen anderen gelde dye se liten barnen, do men monten
zolde" => Übersetzung/Erklärungen!
Wir haben vorhin schon gehört, dass uns ab ca. 1380 auf den Münzen die Bezeichnung "OPPIDI DINSLAK" begegnet und dieses darauf hindeutet, dass nicht mehr der Landesherr Dietrich hat prägen lassen, sondern die Stadt Dinslaken. Hier liegt offensichtlich eine schriftlich nicht zu be-weisende Verpfändung der landesherrlichen Münzstätte an die Stadt Dinslaken und etwas später auch an die Stadt Wesel zugrunde.
Ein weiterer Beweis für diese Vermutung liefert uns ein Vergleich des Schöffensiegels mit einem Sterntyp-Pfennig und ein Vergleich des kleine Dinslakener Stadtsiegels mit einem Torburgtyp-Pfennig.
=> Dia 9: Schöffensiegel/Sternpfennig
=> Dia 10: Kleines Stadtsiegel/Torburgpfennig
Ich glaube, dass es jedem recht deutlich wird, dass hier die Vorbilder für die späten Dinslakener Prägungen von den städtischen Siegeln entlehnt worden sind und damit die Vermutung einer städtischen Prägung erhärtet wird.
Wann die letzten Münzen geprägt worden sind, ist nicht genau zu ermitteln, jedoch hat Dietrich von der Mark von 1372-1404 regiert, bevor er 1404 mit Einverständnis seiner Verwandtschaft in Mark und Kleve die Herrschaft Dinslaken an Kleve zurückgegeben hat. Es ist eines, der wenigen Beispiele altersbedingter Aufgabe der Regierungsgeschäfte im Mittelalter. Dietrich starb am 25. Mai 1406 und wurde in der Dominikaner-kirche in Wesel beigesetzt.
Wohl aufgrund seiner zuerst geistlichen Laufbahn und später durch eine nicht zu beweisende Verpflichtung, dass er keine Erben hinterlassen durfte, war er offiziell nie verheiratet, dennoch lassen sich in den Quellen mindestens 6 Bastardnachkommen nachweisen, um deren Wohlergehen er sich durchaus bemüht hat.
*Die im Vortrag erwähnten bildlichen Dia-Darstellungen stehen nicht zur Verfügung!