Anlass:
Vorstellung des Buches „Straßen in Dinslaken“
Datum:
19.11.2008
Ort:
Rathaus Dinslaken
Autor:
Hans-Hermann Bison
Frau Bürgermeisterin,
meine Damen und Herren!
Das Buch, das heute vorgestellt wird, hat keinen Autor. Die Autorenrolle lag bei einem 10-köpfigen Team, das mich gebeten hat, an dieser Stelle einige Worte an Sie zu richten. Da sich das Team immer als Arbeitsgemeinschaft voll Gleichberechtigter verstand, könnte auch jedes andere Mitglied an meiner Stelle hier stehen.
Das Team wollte immer hinter der Sache zurücktreten. Dies drückt sich auch darin aus, dass seine Mitglieder erst am Ende des Buches, gleichsam im Kleingedruckten, genannt werden. Dennoch werde ich gleich noch einige Bemerkungen zum Team machen.
Das Buch „Straßen in Dinslaken“, meine Damen und Herren, hat eine längere Vorgeschichte. Die Idee wurde geboren am 13. Mai 1998 auf einer Mitgliederversammlung des Land Dinslaken-Vereins in Walsum. Dort hatte Helmut Schmitz, damals Vorsitzender des Voerder Heimatvereins, die zweite Auflage des Voerder Straßenbuches angekündigt. Dies regte Artur Benninghoff zu dem Vorschlag an, auch für Dinslaken über ein Straßenbuch nachzudenken. Es war einer der vielen guten Vorschläge, die von Artur Benninghoff in seinen langen Jahren als Vorsitzender des Land Dinslaken-Vereins ausgingen.
Zunächst richteten sich die Bemühungen darauf, einen Autor für das Straßenbuch zu finden, an ein Team war damals nicht gedacht. Ich fand handschriftliche Aufzeichnungen von Artur Benninghoff mit den Namen all derer, denen er die Autorenschaft für dieses Buch antrug. Dies führte bis in das Jahr 2001 hinein zu keinem greifbaren Ergebnis. Den Angesprochenen wurde bald deutlich, wie viel Zeitaufwand in dieses Buchprojekt gesteckt werden musste.
In dieser Situation entstand die Idee von einem Autoren-Team. Über Namen in Betracht kommender Damen und Herren wurde nachgedacht, und dieses Nachdenken führte zum Erfolg. Am 8. Oktober 2002, also vor sechs Jahren, fand die erste Teamsitzung im Stadtarchiv statt.
Meine Damen und Herren des Teams, wir waren also die Ersatzlösung, die 2. Wahl. Hieraus ist dann aber ein Glücksfall geworden. Die Teamarbeit hatte auch einen Wert an sich. Es wird nicht leicht sein, ein solches Kompetenzbündel zu rein ehrenamtlicher, zeitaufwendiger Arbeit wieder zusammen zu kriegen.
Zunächst ging es im Team darum, das Stadtgebiet von Dinslaken in Bearbeitungsbezirke aufzuteilen und für jeden Bezirk den richtigen Bearbeiter / Bearbeiterin zu finden. Im Team hat es in den ersten Jahren noch manche Veränderung gegeben, bis es sich stabilisiert hatte und dann bis heute durchhielt.
Dieses Team mochte ich Ihnen nun vorstellen, zunächst die 7 Texteschreiber, und zwar in der Reihenfolge des Alphabets:
- Sepp Aschenbach, Pfarrer i. R.: Herr Aschenbach bearbeitete mit Eppinghoven und Teilen der Feldmark seinen früheren Pfarrbezirk und war schon deshalb eine Idealbesetzung. Seine Begabung für heimatkundliches Schrifttum hat er bereits erbracht durch die Veröffentlichung der Erinnerungen von Johannes Vahnenbruck über Eppinghoven im Jahre 2004 und sein viel beachtetes Buch über den jüdischen Friedhof aus dem Jahre 2006.
- Im Alphabet folge ich schon. Ich bearbeitete den östlichen Teil der Innenstadt mit der Friedrich-Ebert- und der Neustraße sowie dem größten Teil des Averbruches. Mir kam zugute, dass ich noch Erinnerungen an Dinslaken aus der Zeit vor 1945 habe und viel „mündliche Überlieferung“, bis ins 19. Jahrhundert hineinreichend.
- Hansjürgen Fernkorn ist das dienstjüngste Mitglied im schreibenden Team. Frau Marzin konnte ihn Anfang dieses Jahres gewinnen, gleichsam in der Schlussphase der Arbeit stieß er zu uns. Er betreute keinen Bezirk, sondern erarbeitete den sogenannten „Vorspann“, eine zusammengefasste Stadtgeschichte unter dem besonderen Aspekt Straßen. Er war aus dem Stand in der Materie drin, hatte er doch viele Jahre am Voerder Gymnasium Geschichte unterrichtet.
- Inge Litschke: Es verwundert wohl keinen, dass Frau Litschke Lohberg bearbeitet hat, wobei Lohberg weit gefasst ist. Eine sachkundigere und bessere Bearbeitung dieses Bezirkes hätte man sich nicht vorstellen können. Kennen wir doch praktisch alle ihr inzwischen in dritter Auflage erschienenes Lohberg-Buch, das für das ganze Ruhrgebiet vorbildhaft wurde im Hinblick auf die Thematik Bergarbeitersiedlungen. Hinzu kommen aus ihrer Feder - beginnend 1953 - viele weitere heimatgeschichtliche Beiträge.
- Klaus-Dieter Schneider, den meisten von ihnen als langjähriger Leiter der hiesigen Volkshochschule bekannt, stieß schon recht früh zum Team, zunächst nicht, um einen Bezirk zu bearbeiten. Er erlebte dann voll mit, wie schwierig es war, für den Stadtteil Hiesfeld eine passende Besetzung zu finden. Im September 2006 erklärte er sich bereit, Hiesfeld zu bearbeiten. Dies war für uns wie ein Befreiungsschlag. Jetzt erst war das schreibende Team komplett. Klaus-Dieter Schneider war sofort mitten in der Thematik, wobei ihm der Erfahrungsschatz aus seiner Arbeit am Voerder Straßenbuch zugute kam.
- Ronny Schneider war das einzige schreibende Teammitglied, das die Arbeit am Straßenbuch neben seiner vollen Berufstätigkeit leistete. Als Pfarrer für die Altstadt und Teile des Averbruches war er für seinen Bearbeitungsbezirk, der sich mit seinem Pfarrbezirk weitgehend deckte, geradezu prädestiniert. Er bearbeitete damit vor allem den seit 1273 entstandenen Kern Dinslakens, aus dem die heutige Stadt erwuchs.
- Renate Seelisch-Schmitz gehörte von Anfang an zum Team, zur Mitarbeit bewogen von Frau Litschke. Sie bearbeitete den Bezirk zwischen der Bahnlinie Oberhausen-Wesel und Lohberg, das von uns sogenannte „Mädchenpensionat“, also den Stadtteil, in dem die Straßen in der Regel nach weiblichen Vornamen benannt sind. Nicht zu jeder dieser Straßen konnten tiefe neue Erkenntnisse gesammelt werden. Aber die gelernte Germanistin, die Jahrzehnte am Ernst-Barlach- und Theodor-Heuss-Gymnasium unterrichtete, machte auch aus diesen Straßen etwas.
Mit den 7 genannten „Textbearbeitern/-innen“ alleine war das Buch aber noch nicht zu machen. Drei Mitstreiter sind unbedingt noch zu nennen, zunächst, weiterhin nach Alphabet, Artur Benninghoff. Er hat das Buchprojekt vor einem Jahrzehnt angestoßen, es durch alle Phasen begleitet und auch an vielen Teamsitzungen teilgenommen. Er hielt unter Kontrolle, dass es finanzierbar blieb. Auch für die heute beginnende Vermarktung hat er sich schon engagiert.
Dann nenne ich Frank Langner. Mitarbeiter des Vermessungsamtes der Stadt. Herr Langner war in den letzten drei Jahren festes Teammitglied. Er erschloss uns die für das Buch erforderlichen Unterlagen der Stadt, vor allem auch alte Stadtpläne. Ständig erschienen in den letzten Jahren schreibende Teammitglieder in seinem Büro mit Auskunftsbegehren. Für den Fortgang der Arbeiten am Buch wurde er unverzichtbar. Vor allem um die rechtzeitige Erstellung des zum Buch gehörenden Stadtplans nach aktuellstem Stand hat er sich zusammen mit seinem Dienstvorgesetzten, dem Leiter des Vermessungsamtes, Herrn Jürgen Hinzke, überaus verdient gemacht.
Dann ist abschließend noch Gisela Marzin herauszuheben. In dem von ihr geleiteten Stadtarchiv hat das Team von Anfang an getagt und konnte sich dort von ihr und ihrer Mitarbeiterin Frau Attardo freundlich aufgenommen fühlen, obgleich wir dem Stadtarchiv ja nur Arbeit machten und ständig neue Wünsche nach Archivunterlagen hatten. Der von großer Sachkunde geprägte Rat von Frau Marzin hat uns auch über schwierige Phasen des Projekts hinweggeholfen.
Soweit die Vorstellung des insgesamt 10-köpfigen Straßenteams, der ich noch folgendes anschließen möchte:
Nach längerer Zeit hat sich unser Verein bei einer Buchpublikation erstmals wieder eines Verlages bedient, und zwar des Peter Pomp-Verlages in Bottrop. Als die Herren Aschenbach und Benninghoff vor gut einem Jahr von einem Erkundungsbesuch von dort zurückkamen, hatten sie den Eindruck gewonnen, wir wären dort gut aufgehoben. Dieser Eindruck hat sich bis heute voll bestätigt. Deshalb freut es auch das Team, dass der Verlagsgeschäftsführer, Herr Amft, heute bei uns ist.
Wie hat das Team nun gearbeitet? Ich habe nicht gezählt, wie viel Teamsitzungen der Ersten vom Oktober 2002 noch gefolgt sind. Es waren sicherlich mehr als 30. Die Sitzungen des Teams waren für mich nie langweilig. In gewissem Sinne waren sie für uns alle so etwas wie eine Weiterbildung. Ich jedenfalls, auch als geborener Dinslakener, habe viel Neues dabei gelernt. Eine vielschichtige Thematik zusammen mit interessanten Köpfen.
Nachdem das Stadtgebiet in Bearbeitungsbezirke eingeteilt und diese je einem Bearbeiter/-in zugeordnet waren, ging es zunächst darum, für die jeweils selbstständige Bearbeitung eine gemeinsame Philosophie zu entwickeln. Zur Philosophie gehörte dann, dass wir zum Beispiel zur Goethestraße keine Goethebiografie bringen wollten, die in jedem Lexikon oder im Internet nachzulesen ist. Aber „Lokalgrößen“ wie etwa Friedrich Althoff, Julius Kalle oder Heinrich Nottebaum, die wollten wir herausheben. Zur Buchenstraße wollten wir nichts zur Biologie der Buche und über ihre verschiedenen Arten sagen, wohl aber erwähnen, dass unsere Buchstraße nicht von Buchen, sondern von Kastanien geprägt wird. Es ging uns eigentlich immer um das spezifisch auf Dinslaken Bezogene.
Bei allen Bemühungen um eine gemeinsame Philosophie, von Bearbeiter zu Bearbeiter sind Unterschiede geblieben. Handelte es sich doch um ein Gremium individuell gewachsener Persönlichkeiten, deren Durchschnittsalter deutlich über der Pensionierungsgrenze liegt. So werden Sie je nach Teammitglied auch unterschiedliche Schwerpunkte entdecken. Der eine betont mehr die Geschichte von Höfen und Familien, nach denen Straßen benannt sind, der andere geht mehr auf die an der Straße vorhandene Architektur ein oder auf das Entstehen einer Straße im Rahmen der allgemeinen Stadtplanung. Sie werden noch weitere Schwerpunkte entdecken, von denen wir insgesamt meinen, dass sie die Lebendigkeit des Buches erhöhen. Es sollte ja kein Lexikon werden, sondern auch etwas den Charakter von Lesebuch haben, Lesebuch für Einheimische, Hinzuziehende und auch Besucher.
Die Arbeit am Straßenbuch war auch eine Arbeit an der Geschichte der Stadt, Geschichte unter dem Aspekt Straßen der Leser erfährt, wann und warum eine Straße entstand, was sich an ihr abgespielt hat und was sich hinter dem Straßennamen verbirgt.
Trotz aller Recherchen in Büros und Archiven, das Staatsarchiv in Düsseldorf eingeschlossen, alle Fragen konnten wir nicht eindeutig klären und es blieben Streitfragen im Team: War Heinrich Douvermann, der berühmte Bildschnitzer aus der Zeit um 1500, wirklich ein Dinslakener, woher leitet sich die Bezeichnung Lohberg ab, ist bei der Kleiststraße an den Dichter oder den General zu denken, wann kamen die Drei Kreuze nach Dinslaken? Dies sind Beispiele für Fragen an denen etwas offen blieb, auch wegen mangelnder oder unzuverlässiger Quellen. Zu offen gebliebenen Fällen nehmen wir gerne Anregungen für die 2. Auflage entgegen.
Das Thema Straßen brachte uns auch etwas in Kontakt mit der Politik. Auch für Dinslaken gilt, dass sich zahlreiche Straßennamen änderten, wenn sich das politische System änderte. Das Paradebeispiel hierfür ist in Dinslaken die jetzige Friedrich-Ebert-Straße. Als sie 1912 fertig wurde, bekam sie den Namen Kaiserstraße. Als es 1918 bei uns keinen Kaiser mehr gab, wurde sie schlicht Hauptstraße genannt. Ab 1933 hieß sie Adolf-Hitler-Straße. Als es diesen auch nicht mehr gab, hieß sie ab 1945 zunächst wieder Hauptstraße, um 1958 den jetzigen Namen zu erhalten. Geradezu grotesk war, dass in der NS-Zeit die Bahnstraße, eine der 13 Dinslakener Ur-Straßen, die 1893 erstmals offiziell benannt wurden, nach dem Geburtsort Hitlers Braunaustraße hieß.
Die Behandlung der heute in 482 Dinslakener Straßen bis zum kleinsten Gässchen und zu Waldwegen erfolgte in unserem Buch in Übereinstimmung mit dem Straßenverzeichnis des Stadtplanes streng alphabetisch, beginnend mit dem Adelenweg in der Feldmark und endend mit der Straße Zur Maaskat in Lohberg. Wir hatten vorher geprüft, ob der Aufbau des Buches nicht auch nach Stadtteilen erfolgen könne. Dies schied schon deshalb aus, da die Grenzen der Dinslakener Stadtteile nicht eindeutig festliegen. Auch sind Straßen ja oft stadtteilübergreifend und verbinden Stadtteile. Welchem Stadtteil hätte man etwa die Hünxer Straße zuordnen sollen?
Dennoch haben wir auch etwas dem Stadtteilgesichtspunkt entsprochen. So finden Sie unter der Averbruchstraße längere Ausführungen über das Averbruch und seine Entwicklung im Allgemeinen. Noch ausführlicher wird unter der Lohbergstraße der Stadtteil Lohberg als Ganzes behandelt. Unter dem Adelenweg wird das „Mädchenpensionat“ - zitiert nach Wilhelm Lantermann - behandelt, also die Anhäufung von Straßen mit weiblichen Vornamen, von denen es im Bereich Bruch / Feldmark 69 gibt.
Zu unserem Buch gehören, ebenso wie der eigens dafür entwickelte Stadtplan, Bilder. Etwa 200 sind in den Band aufgenommen worden. Viele altbekannte, aber auch frisch ausgegrabene und eigens hierfür gemachte ganz aktuelle Fotos. Wichtigste Bilderquelle war für uns das Stadtarchiv, besonders wichtig war aber auch die Postkartensammlung der Stadtwerke, die frühere Sammlung Stapelkamp. Die Bilder im laufenden Text sind schwarzweiß, Buntbilder hätten den Kostenrahmen gesprengt. Dennoch finden sie im Buch einen 16er Block mit ganzseitigen Buntbildern, deren Inhalte nur in dieser Form sinnvoll darstellbar waren.
Meine Damen und Herren, ein letzter Gedanke: Das Team ist so vermessen zu meinen, dass unser Straßenbuch in besonders guter Weise geeignet ist, alte und neue Bürger, aber auch Gäste, näher an Dinslaken heranzuführen und mit dieser Stadt vertraut zu machen. Auf diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es nicht sehr passend sein könnte, Neubürger seitens der Stadt und neue Mieter der Wohnbau mit diesem Buch auszustatten.
Ich danke Ihnen.