Laudatio des Voerder Bürgermeister Dirk Haarmann anlässlich der Verleihung des „Dinslakener Pfennigs” an Heinz Boß am 27. November 2024

Laudatio

Lieber Heinz, liebe Sigrid,
verehrter Vorstand und Mitglieder des Vereins für Heimatpflege Land Dinslaken e.V.,
verehrte Gäste!

Der Römische Gelehrte Plinius der Ältere formulierte im 1. Jahrhundert nach Christi Geburt den Spruch „Patria est ubicumque est bene“ - übersetzt heißt das in etwa „Heimat ist dort, wo es einem gut geht“.

In der Überlieferung der letzten rd. 2.000 Jahre formuliert man heute auch gerne „Heimat ist, wo das Herz schlägt“.

Und genau darum geht es heute - um die tiefe Verwurzelung, um die Liebe und um die Verbundenheit zur Region, zu unserer Heimat.

Ich begrüße Sie alle hier in der guten Stube Haus Wohnung zur heutigen Verleihungszeremonie und bedanke mich herzlich, dass ich die Laudatio für Heinz Boß sprechen darf.

Ich bedanke mich aber auch im Namen der Stadt Voerde bei den Rockhoffs, dass sie dieses Schmuckstück für zahlreiche Anlässe wie z.B. den Tag des offenen Denkmals und heute für diese Ehrenpreisverleihung zur Verfügung stellen. Jahrzehntelang war dieses Anwesen bis auf wenige Ausnahmen für die Öffentlichkeit gar nicht zugänglich.

Heimat ist, wo das Herz schlägt - wie kann man dieses Gefühl, diese Verbundenheit stärker zum Ausdruck bringen als durch ehrenamtliches Engagement für seine Heimat und die Menschen, die dort leben! Und nahezu vortrefflich gelingt dies in der Kombination, wenn man dann selbst im Verein für Heimatpflege in verantwortungsvoller Position aktiv ist - so wie Heinz Boß!

In Anerkennung und mit großem Respekt verleiht daher heute der Heimatverein Dinslakener Land an Heinz Boß seine höchste Auszeichnung, den Dinslakener Pfennig.

Damit ehrt der Verein seit über 30 Jahren Persönlichkeiten, die sich durch engagierte heimatkundliche Arbeit in besonderer Weise um die Heimatkunde verdient gemacht haben. Heute erfolgt erst die 12. Verleihung.

Allein daran kann man schon erkennen, dass der Dinslakener Pfennig etwas ganz Besonderes ist. Und es verhält sich hier ähnlich wie bei Kunstschätzen: je weniger davon produziert werden, desto höher ist der Wert - ganz egal ob materiell oder ideell.

Voerde gehört als Gemeinde im ehemaligen Altkreis Dinslaken zum Kernland des Vereins und seines Wirkens - und doch ist Heinz Boß nach der Auszeichnung von Hermann Klein im Jahre 2014 erst der zweite Voerder Bürger, dem diese Ehre zuteil wird.

Für unsere Heimatstadt Voerde ist die Bedeutung dieser Auszeichnung somit noch größer.

Doch nun zu Heinz Boß!

Ganz zu Anfang sei erwähnt, dass Heinz fast 40 Jahre im Rat der Stadt Voerde aktiv war, dabei zeitweise als Vorsitzender der SPD-Fraktion, als Bürgermeister in der Zeit von 1994 bis 1997 (als es noch die Doppelspitze gab), sowie in den 17 Jahren danach als erster bzw. zweiter stellvertretender Bürgermeister. In dieser Zeit hat er viele Jahre im Kultur- und Sportausschuss mitgewirkt und die Vereine und deren Wirken bestens kennengelernt. Aus der politischen Perspektive konnte er dadurch die Überzeugung gewinnen, wie wichtig das Ehrenamt doch ist - würde es doch ohne ehrenamtliches Engagement die meisten Vereine und damit deren breites Wirken für die Menschen in der Region gar nicht geben.

Für seine großen Verdienste im ehrenamtlichen Engagement wurde Heinz Boß im April 2022 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

Heinz ist verliebt in den Sport - Tennis und Fußball sind seine große Leidenschaft - und das keinesfalls nur vor dem Bildschirm, sondern auf dem Platz. Und somit war es nur konsequent, dass er auch als aktives Mitglied in den Vereinen mitwirkte. Besondere Verbindungen hat Heinz zum TV Voerde.

Neben dem Sport kam aber das Engagement für die Kultur nie zu kurz. Und so folgte Heinz quasi dem ungeschriebenen Naturgesetz für engagierte Menschen, sich auch an der aktiven Vereinsgremienarbeit zu beteiligen.

Als Mitglied des Heimatvereins Voerde übernahm er im Jahre 2007 das Amt des 1. Vorsitzenden - ein Amt, das er bis heute und somit bereits seit 17 Jahren innehat.

Nach einer schwierigen wirtschaftlichen Phase und erfolgreicher Konsolidierung erlebte der Verein danach unter seiner Führung und gemeinsam mit dem sehr engagierten Vorstand, deren Mitglieder ich heute ebenfalls hier ganz herzlich begrüße, seine inhaltliche Wachstumsphase und Blütezeit, die den Heimatverein Voerde zu einer festen und vor allen Dingen anerkannten Größe in Voerde gemacht haben. Aus der Voerder Szene ist der Heimatverein seitdem nicht mehr wegzudenken.

Kurz nach seinem „Amtsantritt“ gelang zum Ende des Jahres 2008 die Fusion des Heimatvereins mit den Eisenbahnfreunden Voerde - eine Partnerschaft, die das Wirken des Vereins prägen sollte.

Denn sofort landeten die Arbeitseinsätze zum Erhalt und zur Pflege des Eisenbahndenkmals an der Bahnhofstr. ins Pflichtenheft des Heimatvereins.

Die Partnerschaft mit dem Eisenbahnverein motivierte die Aktiven sodann, auf der Hochbahnstrecke Fahrten mit einer historischen Dampflok zu organisieren. Die Fahrten in den Jahren 2012, 2017 und zuletzt 2023 waren nicht nur für Eisenbahnnostalgiker ein besonderes Erlebnis.

Die letzte Fahrt wird mir in besonderer Erinnerung bleiben, denn wenige Tage danach wurde die Emscherbrücke auf der Strecke bei einem extremen Hochwasser so stark beschädigt, dass sie abgetragen werden musste. Seitdem ist die Strecke nicht mehr befahrbar.

Kleiner Trost und Hoffnungsschimmer: Im Frühjahr 2025 wird die neue Brücke in den Betrieb gehen. Ich hoffe, dass dann auch bald mal wieder die alte Lok über die Strecke fährt.

Nicht nur in Bezug auf die Eisenbahn war es eine Schwerpunktaufgabe von Heinz und seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern, wichtige und das Stadtgeschehen prägende zeitgeschichtliche Elemente zu sichern und für zukünftige Generationen zu bewahren. Denn Voerde ist ohnehin arm an historischen Gebäuden und Gegenständen - da ist es umso wichtiger, die wenigen „Schätze“ vor dem Untergang zu retten.

Gemeinsam mit vielen aktiven Unterstützern wurde so der Dachreiter von Haus Ahr vor dessen vollständigem Zerfall geborgen, saniert, an der Ahrstraße aufgestellt und wird seitdem liebevoll gepflegt. Ich kann mich noch gut an dessen Einweihung im Jahre 2006 erinnern.

Zahlreiche abwechslungsreiche Tagesausflüge für die Vereinsmitglieder und interessierte Bürgerinnen und Bürger sind ein weiteres Herzensanliegen von Heinz und seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern im Verein.

Hier nur eine kleine Aufzählung:

  • Industriegeschichte Ruhr, Essen-Lünen-Waltrop, 2015
  • Emmerich und ’s-Heerenberg (NL), 2016
  • Ahrweiler mit Regierungsbunker, 2017
  • Dümmer-Weser-Land, 2018
  • Münsterland mit Schloss Nordkirchen und Ascheberg, 2019
  • Emsflower/Emsbüren und Büffelhof Kragemann/Bocholt 2023
  • Xanten und Umland, 2024

Neben diesen Tagestouren mit dem Bus ging es in einer selbst organisierten, kombinierten Schiffs- und Busreise über das Kanalnetz bis nach Berlin und zurück und bei einer zweiten Reise auf der Elbe von Magdeburg bis nach Prag - das erlebt man nicht alle Tage.

Der Heimatverein hat darüber hinaus unter Heinz Boß zahlreiche Radtouren in der Region konzipiert - allesamt mittlerweile feste Größen für viele Bürgerinnen und Bürger und Touristen von Nah und Fern.

Besonders hervorheben möchte ich dabei den Geschichtslehrpfad, denn der musste vorher erst einmal eigenständig entwickelt und mit Fördergeldunterstützung aufgebaut werden. Mit einer gründlichen Recherche, einer aufwendigen Dokumentation, Beschilderung und Internetpräsenz ist ein Meilenstein für die Voerder Heimatkunde entstanden, der das Heimat- und Geschichtsbewusstsein vieler Menschen entscheidend prägt.

Als weitere Touren sind zu nennen

  • Storchennestertour mit alljährlichen geführten Frühjahrstouren
  • Rotbach-Rhein-Kanal
  • Kleine und große Rheindörfer-Tour
  • Voerder Rheintour“
  • Lippeaue-Wesel-Lippefähre“

Allesamt eine Befahrung wert!

Begleitet werden diese und andere Touren zudem durch Publikation der Voerder Radwanderkarten in Kooperation mit der Stadt Voerde

  • Natur erfahren
  • Herrensitze
  • Der Mommbach
  • Der Rhein
  • Weite Blicke

Sie sehen, touristisch zeigt Voerde dank der unermüdlichen Arbeit des Heimatvereins wahre Schätze, die viele Bürgerinnen und Bürger ansonsten gar nicht kennen und erleben könnten.

Ich komme nun zum Voerder Vogel.

In enger Zusammenarbeit mit Hermann Klein wurde im Jahre 2014 der „Voerder Vogel der Neuzeit“, wie ich ihn zu nennen pflege, entwickelt - sozusagen die kleine Schwester des großen Vogels von Gerhard Finke.

Seitdem bildet dieser Vogel das Pendant zum Dinslakener Pfennig, denn mit ihm werden ebenso verdiente Ehrenamtler und seit einigen Wochen mit Änne Rühl auch eine Ehrenamtlerin für ihre großen ehrenamtlichen Verdienste ausgezeichnet.

Bisher wurde der Vogel 6 mal vergeben.

Eine besondere Verbundenheit haben der Heimatverein und eben auch Heinz Boß zum Ortsteil Möllen, zum einen, weil er durch Haus Wohnung eine große Bedeutung hat, zum anderen, weil er zu den ältesten Stadtteilen Voerdes gehört. In einem großen Festakt wurde im Jahre 2014 auf Haus Wohnung das 875-jährige Bestehen des Ortsteils gewürdigt.

Mit großem Engagement hat der Heimatverein die Möllener Bürgerinnen und Bürger dabei unterstützt. Mir sind beim Festakt zwei Dinge in guter Erinnerung geblieben.

Zunächst war es die intensive Diskussion zwischen Hermann Klein und Pater Dr. Ludger Horstkötter, wie die Mühle, der der Ortsteil wohl seinen Namen zu verdanken hat, konstruiert war. Daneben war es der unbändige Stolz der Möllenerinnen und Möllener auf ihren Ortsteil.

Heimat ist eben, wo das Herz schlägt!

Vervollständigt wird die Liebe zur Stadtgeschichte durch über 40 stadthistorische Vorträge in Kooperation mit der Volkshochschule Dinslaken/ Voerde/Hünxe.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

das Bild um den Heimatverein und speziell um die Verdienste von Heinz Boß rundet sich so langsam ab.

Die Aufzählung umfasst noch nicht einmal sämtliche Dinge, die auf dem Ticket von Heinz Boß verbucht wurden. Und doch kann man gut erkennen, wie vielschichtig seine Interessen, wie umfangreich sein Engagement und wie groß seine Verdienste um die Stadt Voerde im echten Sinne des Heimatgedankens sind.

Völlig verdient wurde der Heimatverein mit Heinz Boß an der Spitze bereits im Jahre 2021 mit dem Heimatpreis der Stadt Voerde ausgezeichnet.

Und nun schließt sich der Kreis, wenn Heinz Boß heute mit dem Dinslakener Pfennig ausgezeichnet wird.

Im Namen der Stadt Voerde und auch persönlich gratuliere ich Dir, lieber Heinz, herzlich zu dieser außerordentlichen Auszeichnung und danke Dir und Deinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern über all die Jahre für das, was Ihr für unsere Stadt geleistet habt und sicher auch in Zukunft noch leisten werdet!